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Unentschuldigtes Fehlen (Selbstbeurlaubung)
Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts - unzulässige Rechtsausübung
Die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung durch den Arbeitnehmer für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte, ist regelmäßig ohne Rücksicht auf eine später tatsächlich auftretende Krankheit an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben.Die Gewährung des Erholungsurlaubs erfolgt auf Antrag durch den ArbG. Die Urlaubsgewährung ist Teil der Leistungspflicht des ArbG § 7 Abs. 1 HS 1. Die Bestimmung des Urlaubszeitpunktes obliegt nicht seinem billigen Ermessen, vielmehr hat er die Wünsche des ArbN zu berücksichtigen § 7 Abs. 1 BUrlG. Der ArbG ist Schuldner des Urlaubsanspruchs. Insoweit hat er zwar ein Leistungsverweigerungs-, aber kein Direktionsrecht. Lehnt der ArbG die Gewährung von Urlaub ab, kann der ArbN eine Leistungsklage erheben. Bei Nichterteilung von Urlaub kommt auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung in Betracht. Die Selbstbeurlaubung (eigenmächtiger

Urlaubsantritt) oder eigenmächtige Urlaubsverlängerung durch den ArbN ist u.

U. auch ohne vorhergehende Abmahnung geeignet, eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung auszusprechen. Die Ausschlussfrist des § 626 BGB beginnt bei der Selbstbeurlaubung mit Rückkehr des ArbN aus dem Urlaub bzw.

mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit. In Betracht kommt auch ein Schadensersatzanspruch des ArbG, wenn er durch das Fehlen des ArbN etwa eine Ersatzkraft einstellen musste, d. h. wenn er einen wirtschaftlich messbaren Schaden erlitten hat. Der eigenmächtige Antritt des Urlaubs rechtfertigt dann keine fristlose Kündigung, wenn der ArbN einen Anspruch auf Freistellung zur Stellensuche hatte. Der ArbG muss sich das eigene pflichtwidrige Verhalten, das in der unberechtigten Ablehnung des Freizeitverlangens begründet ist, entgegenhalten lassen.

Ein Zurückbehaltungsrecht an seiner Arbeitsleistung kann einem Arbeitnehmer nach § 273 Abs. 1 BGB zustehen, wenn der Arbeitgeber seine aus dem Arbeitsverhältnis resultierenden Haupt- oder Nebenpflichten schuldhaft nicht erfüllt. Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts steht für den Arbeitnehmer unter dem Gebot von Treu und Glauben nach § 242 BGB und unterliegt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Daher muss der Arbeitnehmer vor Ausübung seines Zurückbehaltungsrechts an seiner Arbeitsleistung dem Arbeitgeber unter Angabe des Grundes klar und eindeutig mitteilen, dass er dieses Recht aufgrund einer ganz bestimmten, konkreten Gegenforderung ausübt.
Autor
Prof. Dr. Dr. Siegfried Schwab
 
ArtikelFachbereichFachrichtung
2010BetriebswirtschaftslehreArbeits- und Sozialrecht
 
Schlagwörter
Abmahnung, Anspruch auf Freistellung, Ausschlussfrist, Leistungspflicht, Selbstbeurlaubung, Treu und Glauben, Urlaubsanspruch, Zurückbehaltungsrecht, ordentliche und außerordentliche Kündigung