Fachbereich: Betriebswirtschaftslehre
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Diskriminierung eines schwerbehinderten Bewerbers im öffentlichen Dienst
1. Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 S. 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine nach § 22 AGG geeignete Hilfstatsache, die für das Vorliegen einer diskriminierenden Benachteiligung spricht.

2. Für den nach § 22 AGG möglichen Nachweis, dass für die Nichteinladung eines Bewerbers entgegen § 82 S. 2 SGB IX ausschließlich andere Gründe als die Behinderung erheblich waren, können nur solche Gründe herangezogen werden, die nicht die fachliche Eignung betreffen. Insoweit enthält § 82 S. 3 SGB IX mit dem Erfordernis der "offensichtlichen Nichteignung" eine abschließende Regelung.

3. Der öffentliche Arbeitgeber muss jeden einzelnen, nicht offensichtlich ungeeigneten schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Wenn er die behinderten Bewerber nur überproportional im Verhältnis zur Gesamtzahl der Bewerber einlädt, vermag dies die Vermutungswirkung im Sinne des § 22 AGG nicht zu widerlegen. Die Indizwirkung wird durch die Schlechterstellung des Einzelnen ausgelöst und nicht dadurch aufgehoben, dass ansonsten im Bewerbungsverfahren schwerbehinderte Bewerber als Gruppe nicht nachteilig behandelt wurden.

4. Für die durch den Gesetzesverstoß ausgelöste Vermutungswirkung ist es unerheblich, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber im Übrigen gesetzeskonform verhalten hat, z.B. die Schwerbehindertenvertretung regelgerecht beteiligt oder die gesetzlich vorgesehene Mindestbeschäftigungsquote schwerbehinderter Arbeitnehmer eingehalten hat.
Autor
Prof. Dr. Dr. Siegfried Schwab
BA Nicole Latocha
 
ForschungsberichtFachbereichFachrichtung
2014BetriebswirtschaftslehreArbeits- und Sozialrecht
 
Schlagwörter
Beweislast des Arbeitgebers, Diskriminierung, Entschädigungsanspruch, Nichteinladung, Rechtsfolgenregelung, Schwerbehindert, Vermutungstatbestand, öffentlicher Dienst